Nach einer rechtlichen Auseinandersetzung über die Frage, ob ein Verstoß gegen UWG vorläge, hat eine Abgemahnte Privatinsolvenz angemeldet.
Der Abmahner meldete sodann im Insolvenzverfahren die Forderungen nach Abmahnkosten, den Kosten des Abschlussschreibens sowie der einhergehenden Prozesskosten als Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung an. Eine derartige Feststellung würde daher zu führen, dass diese Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen werden würden, also auch nach der Insolvenz in voller Höhe fortbestehen würden.
Die Abgemahnte widersprach diesem Begehren.
Daraufhin erhob der Abmahner Klage auf Feststellung, dass die benannten Forderungen als vorsätzlich unerlaubte Handlungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen würden.
Das AG Münster (Az: 7 C 2921/14, 28.04.2015) wies diese Klage gegen meine Mandantin aus nachfolgenden Gründen ab. Das Urteil ist zudem am Ende im Volltext als pdf beigefügt.
Die positive Feststellungsklage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse der Klägerin beruht auf der Privilegierung im Falle des Klageerfolgs bei der Restschuldbefreiung im Insolvenzverfahren der Beklagten gemüß § 302 Nr. 1 InsO.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Es besteht kein festzustellendes Rechtsverhältnis.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte durch ihr Anerkenntnis in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Bochum ihr wettbewerbswidriges Verhalten anerkannt hat beziehungsweise dieses auch für dieses Verfahren aufgrund der Entscheidung des Landgerichts Trier feststeht, geht damit nicht zwingend die Folgerung einher, die Beklagte habe mit ihrem wettbewerbswidrigen Verhalten zugleich eine vorsätzliche unerlaubte Handlung begangen.
Die Voraussetzungen hierfür unterliegen vielmehr jeweils einer gesonderten Prüfung und Feststellung.
Eine vorsätzliche unerlaubte Handlung der Beklagten liegt nicht vor. Die Klägerin ist hierfür darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtig.
Dass durch das Verhalten der Beklagten, unterstellt man den Vortrag der Klägerin bezüglich des Umfangs der Verkaufsaktivitäten als richtig, ein absolutes Recht der Klägerin selbst verletzt worden ist (§ 823 Abs. 1 BGB) ist nicht ersichtlich. Etwaige Vermögensinteressen unterliegen nicht dem Schutzbereich der Norm. Ein grundsätzlich möglicher Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ist ebenfalls nicht ausreichend dargetan. Zwar mag es sein, dass die Klägerin auch selbst seinerzeit über Internetplattformen Jeans, in welchem Umfang auch immer, verkaufte. Das anerkannte Recht am anerkannten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist jedoch nur dann verletzt, wenn ein unmittelbar betriebsbezogener Eingriff gegeben ist. Für einen unmittelbar betriebsbezogenen Eingriff wäre es erforderlich, dass die Beklagte gezielt zum Zwecke der Einengung, Behinderung oder Verhinderung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin gehandelt hat (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 05.12.2008 zum Akteneichen I 9 U 89/08, zitiert nach Juris). Denn geschützt ist nur der spezifische betriebliche Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Ein zielgerichtetes Handeln gerade zum Nachteil der Klägerin ist aber nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beklagte tatsächlich eigene Restbestände aus ihrer vorherigen gewerblichen Tätigkeit, wenn auch mit Gewinnerzielungsabsicht beziehungsweise der Absicht, bestehende Verluste zu reduzieren, verkaufen wollte.
Die Klägerin kann den Anspruch auch nicht auf eine Schutzgesetzverletzung (§ 823 Abs. 2 BGB) stützen. Die aus den §§ 3, 4, 5, 5a, 8 UWG hergeleiteten Unterlassungsgebote stellen keine Schutzgesetze in diesem Sinne dar. Danach dient das Gesetz dem Schutz der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb und dem Schutz der Verbraucher-innen und der weiteren erfassten Marktteilnehmer vor unlauteren Verhaltensweisen. Ungeachtet dessen bestimmt sich die Einordnung als Schutzgesetz allerdings maßgeblich danach, ob der Gesetzgeber über die aufgezeigten Unterlassungsgebote gerade einen Rechtsanspruch, wie er vorliegend von der Klägerin in Anspruch genommen wird, intendiert hat. Die Schaffung eben dieses individuellen Schadensersatzanspruchs muss erkennbar von den Unterlassungsgeboten im UWG erstrebt sein, mindestens aber im haftungsrechtlichen Gesamtgefüge sinnvoll und tragbar erscheinen, wobei der Regelungszusammenhang der hier maßgeblichen Norm des UWG umfassend zu würdigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.2011 zum Aktenzeichen XI ZR 51/10 m. w. W., zitiert nach Juris, vgl. insgesamt auch LG Limburg, Urteils vom 21.11.2014 zum Aktenzeichen 5 0 18/14, zitiert nach Juris).
Während der strafbaren Werbung nach Maßgabe der §§ 16 ff. UWG Schutzgesetzcharakter im Sinne des § 23 Abs. 2 BGB zukommt, trifft dies auf die aus den § 3 ff. UWG herleitbaren Unterlassungsgebote nicht zu (vgl. BGH, Urteil vom 30.05.2008 zum Aktenzeichen 1 StR 166/07, zitiert nach Juris; LG Limburg, a. a. 0.). Das Gesamtgefüge dieser zivilrechtlichen Unterlassungsgebote nach den §§ 3 ff. UWG gibt sich durchgängig aus dem UWG selbst. Hier werden über § 8 UWG nicht nur Unterlassungsansprüche insoweit erfasst, sondern eben auch die hierauf zurückzuführenden Schadensersatzansprüche und Ansprüche aus Abschöpfung des Gewinns, §§ 9, 10 UWG. Zur Vorbereitung etwaiger Schadensersatzansprüche ist zudem ein Auskunftsanspruch gegen den wettbewerbswidrig Handelnden anerkannt. Das Haftungssystem des UWG ist von daher abschließend und umfassend. Dies korrespondiert mit der Begründung durch den Gesetzgeber. In der Bundestagsdrucksache (15/1487 zu § 8 UWG Beseitigung und Unterlassung) heißt es dann auch folgerichtig: "... die Regelung zu den zivilrechtliehen Rechtsfolgen sind sowohl hinsichtlich der Klagebefugnis als auch hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen abschließend. Dies hat zur Folge, dass das UWG entsprechend der bisherigen Rechtslage weiterhinkein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist.
Etwas anderes gilt nur für die Strafbestimmungen der §§ 16 bis 19, da insoweit keine erschöpfende Regelung der zivilrechtlichen Rechtsfolgen erfolgt. .. " (vgl. zum vorstehenden auch insgesamt LG Limburg, a. a. 0.).
Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Selbst wenn man das Handeln der Beklagten als Betrug einordnen würde, ist hiervon die Klägerin nicht betroffen und es geht auch nicht um vermeintliche Forderungen der Firma eBay. Jedenfalls ist die Geschädigte eines von der Klägerin behaupteten Erfüllungsbetruges mit jedem Verkaufsvorgang der Beklagten nicht die Klägerin selbst.
Die Klage war nach alledem abzuweisen.
Mangels Berechtigung der Forderung in der Hauptsache besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der der Klägerin durch die unberechtigte Geltendmachung einer solchen Forderung entstandenen Rechtsanwaltskosten.
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